Die Jagd auf das als
wehrhaft geltende Wildschwein ist immer Thematik der Literatur und Mystik
gewesen. Vor allem in der griechischen Sagen und Literaturwelt nimmt das
Wildschwein eine exponierte Stellung ein. Das reicht von den Taten des
Herakles, der den Erymanthischen Eber einzufangen, hat bis zur griechischen
Überlieferung der Wildschweinjagd der Atalante und des Meleager. Schon in den
Erzählungen des Homer wird davon berichtet, wie die griechische Göttin der Jagd
Artemis aus Rache ein Wildschwein auf die Erde schickt, das die Felder und
Weingärten verwüstet. Auch der römische Dichter Ovid hat beschrieben, welche
Schäden wühlende Wildschweine auf den Feldern der Bauern verursachen.
Selbst in der Odyssee
wird das Wildschwein erwähnt, so erkennt die Amme den als Bettler heimgekehrten
Odysseus an einer Beinnarbe wieder, die er sich beim heldenhaften Kampf mit
einem Keiler zugezogen hat.
Auch in der
germanischen Sagenwelt hat das Wildschwein Eingang gefunden. In der
germanischen Edda jagen die Helden jeden Tag den Keiler Sährimnier, der am
nächsten Morgen aufersteht, um erneut gejagt zu werden. Auch in Märchen taucht
der heldenhafte Kampf gegen das Wildschwein auf. Im Märchen vom tapferen
Schneiderlein, das die Gebrüder Grimm überliefert haben, fängt durch einen
schlauen Trick das schmächtige Schneiderlein den wilden Eber, vor dem sich
sogar die Jäger fürchten.
Die Jagd auf einen
ausgewachsenen Keiler stellte eine Mutprobe und Männlichkeitsritual dar. Es
galt daher durchaus als königliche Mutprobe, sich nur mit der sogenannten Saufeder,
einem Jagdspieß, auf Wildschweinjagd zu begeben. Die erfolgreiche Jagd Karls
des Großen auf einen Keiler wird dementsprechend auch in der St. Galler
Handschrift Carolus Magnus et Papa Leo aus dem Jahre 799 gewürdigt.
Am württembergischen
Herzogshof wurden zu Anfang des 17. Jahrhunderts 900 große Jagdhunde gehalten,
mit denen man auf Wildschweinjagd ging. Die wertvollen Hunde, die man auch als
„Sauhunde“ oder „Saupacker“ bezeichnete, wurden gegen die Angriffe der
Wildschweine mit breiten Halsbändern und mitunter sogar Panzerhemden geschützt.
Aufgabe der Hunde war es, das Wildschwein so lange zu hetzen, bis es ermüdete
und es dann an einem Ort festzuhalten, bis der Jäger es aus naher Entfernung
tötete. Bei diesen Sauhatzen wurden regelmäßig Menschen, Pferde und Hunde durch
angreifende Wildschweine schwer und mitunter tödlich verletzt. Das Jagdrecht
war jedoch stets dem Adel vorbehalten.
Mit der
fortschreitenden Entwicklung der Feuerwaffen verlor die Wildschweinjagd jedoch
aufgrund ihrer zunehmenden Einfachheit das Statussymbol.
In der neueren
Geschichte bestand das Konfliktpotenzial zwischen Wildschwein und Mensch in der
Streitigmachung des Lebensraumes. In den letzten Jahrhunderten hat sich die
Verbreitung des Wildschweins vor allem aufgrund menschlicher Eingriffe
verändert. Mit der Ausdehnung und Intensivierung der Landwirtschaft nahm auch
die Bejagung des Wildschweins als Schädling zu, sodass beispielsweise die Art
in England bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts ausgerottet war. In Dänemark
erlegte man die letzten Wildschweine Anfang des 19. Jahrhunderts, bis 1900 gab
es auch in Tunesien und dem Sudan keine Wildschweine mehr, und auch in
Deutschland sowie in Österreich, Italien und der Schweiz waren weite Teile
wildschweinfrei. Zu den deutschen Regionen, in denen bis in die 1940er Jahre
Wildschweine nicht mehr vertreten waren, zählen beispielsweise Thüringen,
Sachsen, Schleswig-Holstein und sogar Baden-Württemberg.
Das Wildschwein wurde
Anfang des 20. Jahrhunderts sogar zu Jagdzwecken in den USA eingebürgert und
auch nach Australien wurde das Wildschwein zu Beginn des 19. Jahrhunderts
eingeführt, um dort unter anderem Schlangen zu bekämpfen. Heute gelten
Wildschweine in Australien als Plage – sie töten beispielsweise regelmäßig
neugeborene Lämmer und gelten daher als landwirtschaftliche Schädlinge.
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